Die Geschichte des Border Collies begründet seine Veranlagung
und seine Einsatzmöglichkeiten
Im Grenzgebiet zwischen Schottland und England, den Borders, trieben Schäfer ihr Vieh hinaus, um das karge und steinig Hochland zur Woll- und Fleischproduktion zu nutzen. Doch musste das Vieh auch irgendwie wieder nach Hause kommen, und zwar so sicher wie möglich. Denn die Gefahr, dass sie die steilen Hänge hinabstürzen, war sehr groß. Zugleich war es den Schäfern auch fast nicht möglich, die Schafe zu Fuß wieder zusammen zu treiben. Das Gebiet ist dermaßen weitläufig, und die Tiere sind so weit verstreut, dass mehrere Dutzend Männer nötig gewesen wären, um die Herden einzuholen. Man rechnet in diesen Gegenden ungefähr ein Schaf auf fünf Hektar Land. In unserer Gegend rechnet man zehn Schafe auf einen Hektar. Das gibt einem ungefähr die Dimensionen, mit denen es die Schäfer dort zu tun haben.
Ein Hund musste „erfunden” werden, der viel Sinn für die Schafe hat, sie nicht hetzt, aber bestimmt lenkt, selbst gut lenkbar ist, der einen robusten Körperbau hat, ausdauernd ist und unermüdlich arbeiten kann.
Und genau in dieser Reihenfolge ist der Border Collie zusammengestellt. Ein Hund, der einen extrem stark ausgeprägten Beutetrieb hat und auf alles reagiert, was sich bewegt, sonst würde er die Tiere in den Hochmooren niemals alle finden können. Er soll ein weiches, leicht beeinflussbares Wesen haben.
Diese Hunde haben außer der Farm in den Bergen nichts gesehen, sie sind nicht für den „Besuch auf dem Jahrmarkt” gezüchtet, sondern für die Leichtführigkeit auf große Distanz. Da die Hunde auch oft außer Sicht arbeiten und zum Teil eigene Entscheidungen treffen mussten, war ein unglaubliches Feingefühl für das Vieh von größter Bedeutung.
Das Gelände erfordert von den Hunden Härte und Ausdauer, so war ein funktioneller Körperbau eine Grundvoraussetzung, damit die Hunde diesen Aufgaben überhaupt standhalten konnten. Die Nachteile liegen nach dieser Schilderung auf der Hand, denn so faszinierend diese Hunde auch sind, so speziell sind sie auch.
Einen Hund mit starkem Beutetrieb und hyperaktivem bzw. nervösem Wesen, dafür aber mit einer unermüdlichen Kondition als reinen Haus- und Familienhund zu verkaufen, halte ich daher für fahrlässig.
Diese Hunde sind in ihrem Ursprung nie auf eine äußere Erscheinung hin selektiert worden, sondern seit Jahrhunderten nur auf die beschriebenen Wesensmerkmale.
Gegenwärtig werden die Hunde in der deutschen Border Collie-Zucht häufig aufgrund der äußeren Erscheinung selektiert. Das schadet nicht nur der Rasse als Arbeitshund, sondern es kann sie auf Dauer zu Grunde richten. Mit all diesen Informationen wird vielleicht deutlich, warum seriöse Züchter einen zur Arbeit geeigneten Border Collie nicht als reinen Haus- und Familienhund abgeben. Dies bedeutet nicht, dass unsere Hunde nicht mit uns im Haus leben. Es bedeutet vielmehr, dass der Tatbestand der Disziplinierung des Beutetriebes und kontrollierten Arbeit am Vieh entscheidend ist.